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Die Bewegung zur Quelle – oder das Spiel des Geistes?

Was, wenn all diese Bewegungen – Bewusstseinswellen, Channelings, Visionen – nicht Zeichen eines Erwachens sind, sondern Ausdruck des ewigen Dramas des Menschseins?

Immer wieder fühlt sich eine Generation auserwählt, in einer besonderen Zeit zu leben. Immer wieder glaubt sie, kurz vor einem Durchbruch zu stehen – ob spirituell, gesellschaftlich, technologisch. Vielleicht ist das ein zutiefst menschliches Muster:

Die Angst, dass das Leben sonst nichts ist – außer Vergänglichkeit. Dass wir uns irgendwann eingestehen müssten, dass nichts kommt, kein Ziel, kein Erwachen, kein Plan.

Doch genau darin könnte eine tiefere Wahrheit liegen.

 

Die Wahrheit, die nichts braucht.

 

Wenn du dich ganz still machst – wirklich still –

ohne an einen Aufstieg zu glauben,

ohne auf eine neue Erde zu hoffen,

ohne dass sich dein System „entwickelt“ oder „erlöst“ –

 

Was bleibt dann?

 

Vielleicht dieses:

 

 

Ein Moment. Ein Atemzug.

Eine Hand auf der Erde.

Eine Träne, die ohne Geschichte fließt.

Und ein leiser Geschmack von so ist es. Nicht mehr, nicht weniger.

 

In dieser Tiefe braucht es keine Channelings, keine Energiearbeit, kein Healing. Kein Erwachen. Kein Konzept.

Und doch kann alles geschehen – Liebe, Mitgefühl, Verbundenheit, sogar ekstatische Einsichten – aber sie sind nicht mehr Teil einer Beweisführung. Sie beweisen nichts. Sie sind einfach.

 

Das Ich, das sich selbst transzendieren will

 

Ein Teil in uns möchte oft „mehr“: mehr Licht, mehr Verbindung, mehr Wahrheit, mehr Sinn. Auch der Wunsch nach „Heimkehr zur Quelle“ kann eine Sehnsucht des Ichs sein – nicht weil es falsch ist, sondern weil es nach Beruhigung sucht.

Das ist okay. Es ist liebevoll. Und auch ein bisschen tragisch.

 

Denn genau dieses Ich kann die Quelle nicht erreichen – es ist zu sehr damit beschäftigt, anzukommen

 

Und dann kann irgendwann etwas geschehen:

Das Spiel wird durchschaut. Nicht abgewehrt, nicht entwertet – sondern durchschaut. Und in diesem Sehen, in dieser Nacktheit, liegt Frieden. Kein kosmischer, kein triumphaler – ein leiser, unspektakulärer Frieden, wie ein warmer Stein in der Sonne.

 

Eine Schülerin fragt ihre Meisterin:

„Wie kann ich Erleuchtung erlangen?“

 

Die Meisterin antwortet:

„Gar nicht.“

 

Die Schülerin ist irritiert:

„Wozu dann all die geistigen Übungen, das Sitzen, das Schweigen?“

 

Die Meisterin lächelt:

„Damit du wach bist, wenn die Sonne aufgeht.“